Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
Gedanken zu einer Exkursion der 9. Klassen
Wie jedes Jahr besuchten wieder alle 9. Klassen unserer Schule eine KZ-Gedenkstätte. Allerdings nicht wie üblich in Dachau und bei sommerlichen Temperaturen, sondern in Flossenbürg, in einer Region, die zu dieser Jahreszeit den Beinamen „Bayrisch Sibirien“ trägt, um sich auch dort ein Bild zu machen von dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.
Wie wichtig solche Fahrten für die Schülerinnen sind, 0.jpgwurde diesen bereits am Holocaust-Gedenktag durch die Courage-Klasse 9d in einem Vortrag vor Augen geführt und dass es unabdingbar sein muss zu wissen, was Auschwitz gewesen sei. Nur so kann der Wandel der Gedenkkultur an die NS-Zeit vollzogen und gefestigt werden, indem das Bewusstsein der Schüler*innen über NS-Verbrechen und die negative Beurteilung dieser als der langfristige Erfolg der einschlägigen Bildungsarbeit in Schulen gesehen werden. Vor dieser Folie spielen die Besuche einer KZ-Gedenkstätte eine zentrale Rolle. Denn nur vor Ort wird die Auseinandersetzung mit den grauenhaften Verbrechen der Nationalsozialisten für die Mädchen wirklich konkret und begreifbar. Wer in der Ausstellung in Flossenbürg aufgeklärt die Bilder der Baracken sieht, wer bewusst einen Schritt in den kahlen Waschraum tut oder sich ohne gedanklich auszuweichen dem Krematorium nähert, der wird nachdrücklich gegen neonazistischen Wahn und Rassenideologie gefeit sein.
Das KZ Flossenbürg war kein reines Vernichtungslager wie etwa Treblinka oder Auschwitz-Birkenau. Vielmehr sollten Häftlinge durch Arbeit, unzureichende Ernährung und Versorgung im Lager sowie durch die allgegenwärtigen Schikanen systematisch ausgebeutet und getötet werden. So mussten sie unter anderem für das SS-eigene Wirtschaftsunternehmen DEST (Deutsche Erd- und Steinwerke) im nahen Steinbruch unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten und wurden später bei der Produktion von Flugzeugen durch Messerschmidt eingesetzt. Aber auch die Bauern der Umgebung forderten bei der SS-Lagerverwaltung Häftling0.jpge aus dem Konzentrationslager zur Erntehilfe an.
Unsere Fahrt führte, wenn auch nur indirekt, an einer Stadt vorbei, dessen alter Kern nicht nur zum UNESCO-Welterbe ernannt worden ist, sondern auch Schauplatz der Tragödie deutscher Geschichte war. Die Außenlager des KZs Flossenbürg reichten nämlich bis nach Regensburg. Das ehemalige Gasthaus Colosseum in Stadtamhof wurde 1945 zu einem dieser Lager umfunktioniert. 400 Menschen wurden hier unter unwürdigen Bedingungen festgehalten und gequält. Tagsüber mussten sie mit bloßen Händen versuchen, die durch die Luftangriffe auf die Regensburger Gleisanlagen entstandenen Schäden notdürftig zu reparieren. Dazu liefen die ausgehungerten Häftlinge täglich über die Steinerne Brücke, das ihnen nachdrücklich in Erinnerung blieb. Auf dem Rückweg mussten die während der Arbeit Umgekommenen auf einem Holzkarren durch die Straßen mitgezogen werden. Auch die Todesmärsche, auf denen von der SS Tausende Häftlinge aus Flossenbürg ermordet wurden, führten in Richtung Süden an dieser Stadt vorbei.
Nach der Ankunft in der Gedenkstätte Flossenbürg wurden die einzelnen Klassen von ihren Referenten in Empfang genommen und über das Gelände – welches unter anderem eine Ruhestätte für über 5.000 Leichname ist – geführt. Sie erklärten, wie dieses aufgeteilt war, wo sich der Appellplatz und Baracken sowie das Gefängnis und der Krankenbau befanden. In meist eindringlichen Vorträgen gelang es den Vortragenden in Verbindung mit der Topographie Flossenbürgs und insbesondere der vorherrschenden Kälte, den Schülerinnen eine Ahnung davon zu vermitteln, wie das Terrorsystem des Konzentrationslage0.jpgrs Flossenbürg funktionierte. In vielen Beiträgen und Episoden schilderten sie das Leben und Sterben der Menschen im Lager, spätestens in der Nähe des Krematoriums aber verstummten auch sie.
Während den Führungen durch das Gelände hatten die Schülerinnen etwas Zeit, die begleitende Ausstellung in der Wäscherei des Konzentrationslagers Flossenbürg selbstständig zu erkunden. Vielleicht war es der einen oder anderen während dieses Besuches möglich, ein Exponat der Ausstellung oder einen Eindruck als „Stolperstein“ aufzufassen und sich dadurch, auf eigene Art und Weise, mit diesem Thema auseinanderzusetzen und den Denkanstoß in Zukunft weiterzugeben. Dieser Anstoß ist wichtig, um gegen das Vergessen anzukämpfen, um die Opfer von damals zu ehren und hier bei uns vor Ort, an der Ursulinen Realschule in Straubing einer „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, unsere gesellschaftliche Verantwortung dafür wahrzunehmen, dass Rassenwahn und Hass nie mehr zu Grundlage und Richtschnur von politischen Entscheidungen werden können.
Text und Bilder: Thomas Harbort