2024 03 21 SpringerWer den überdimensional großen Hitler-Stuhl am Ludwigsplatz gesehen hat, weiß, dass es sich dabei nicht um den XXL-Stuhl vom Möbelhaus Lutz handelt, sondern um etwas viel Wichtigeres: Es ist eine Kunstinstallation, die der Kabarettist und Autor Christian Springer im Rahmen seiner 2020 gegründeten „Initiative Schulterschluss“ initiiert hat. Am 8. November 1923 stand Hitler auf diesem Stuhl und verkündete die Absetzung der Regierung. Dies misslang, da Polizei und Reichswehr den Putsch verhinderten, und es sollte noch 10 Jahre dauern, bis Hitler tatsächlich seine nationalsozialistische Diktatur errichten konnte. Es lohnt sich also zu jeder Zeit, für die Demokratie zu kämpfen. 

 

Dies erfuhren die Realschülerinnen der 9. und 10. Jahrgangsstufe sowie drei 11. Klassen des Ursulinen Gymnasiums aber nicht gleich zu Beginn des Vortrags von Herrn Springer, der sofort bereit war, nach Straubing zu kommen, um den Schülerinnen über die Hintergründe der Installation zu erzählen. Vielmehr behauptete er, dass jeder, der sagt, dass Demokratie einfach sei, lügt. Demokratie erfordert Entscheidungen, Kompromisse und Toleranz. 

Anschließend klärte er die Mädchen über den Ablauf des Hitlerputsches auf. Durch seine anschauliche Darstellung konnte er diese in ihren Bann ziehen. Alle Einzelheiten wiederzugeben, würde den Rahmen sprengen. Letztendlich ging Springer auf die drei großen Themen unserer Zeit – Demokratie, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit- ein. Dabei erfuhren die Schülerinnen, dass Demokratie auch im Kleinen anfängt, indem man miteinander redet, niemanden ausgrenzt, sich auf kommunaler Ebene demokratischen Parteien anschließt und sich von nicht demokratischen offen distanziert.  

Dass Antisemitismus über 2000 Jahre existiert und die Juden für alles mögliche Unheil auf der Welt verantwortlich gemacht werden, wurde ebenfalls thematisiert und kritisiert, wobei Springer noch einmal betonte, dass es Kurt Eisner, ein Jude und SPDler war, der in Bayern nach dem Ersten Weltkrieg die Republik ausgerufen hat.  

Anschließend „enttäuschte“ er die Schülerinnen, als er berichtete, dass weder die Breze noch das Bier noch der Katholizismus ihren Ursprung in Bayern haben. Dieses „Mia san Mia“-Gefühl, diese Tradition, auf die sich die Bayern gerne berufen, hat ihre Ursprünge im Irak, im ganzen deutschsprachigen Raum und in Irland, das seine iro-schottischen Mönche zur Missionierung nach Bayern schickte. Ohne Einflüsse von außen wäre also „unser“ Bayern ein anderes. Er zeigt noch an einem anderen Beispiel, wie wichtig kultureller Austausch ist: Als er sich ein Apple-Handy von einer Schülerin ausleiht, ist zuerst einmal die Verwunderung groß. Dabei erzählt er, dass er in einem „Kuhdorf“ in Syrien einen Mann kennenlernte, der behauptete der Cousin von Steve Jobs zu sein. Und nach eingehender Recherche stellte sich heraus, dass dies wahr war, und Jobs Vater aus Syrien in die USA einwanderte und beide, die USA und Jobs, davon profitiert haben. Spätestens jetzt hatte Springer die Schülerinnen auf seiner Seite.  

Wie sehr die Schülerinnen die Themen bewegten, sah man an den vielen Fragen, die der Kabarettist geduldig beantwortete. 

Was bleibt? 

Ich denke, ein kurzweiliger Vortrag, der ohne erhobenen Zeigefinger auf die demokratiefeindlichen Tendenzen unserer Zeit eingegangen ist und immer dem Positiven, dem „Wir können das Ruder noch rumdrehen“ Raum ließ. Auf jeden Fall wird es noch einige Diskussionen zwischen Lehrerinnen und Lehrern und Schülerinnen geben und somit ist die Schule ihrem Auftrag, die Schülerinnen zur Demokratie zu erziehen, ein Stück weit nachgekommen. 

Text: Brigitta Hecht 

Fotos: Kristina Wutz 

wei 2024-03-21