Schülerinnen der Ursulinen-Realschule haben nicht nur Mathe oder Deutsch im Stundenplan, sondern auch das Profilfach "Glück" mit Lehrer Thomas Harbort.
Vertraue auf dein Glück - und du ziehst es herbei." Doch ist das so einfach, will Lehrer Thomas Harbort wissen. "Wenn es mir schlecht geht und ich an etwas Fröhliches denke, geht es mir besser", sagt eine Schülerin. Nicht nur daran denken, sondern es spüren, sei wichtig. Im Profilfach "Glück" von Thomas Harbort, der an der Ursulinen-Realschule Deutsch und Geschichte unterrichtet, sollen Schülerinnen genau das lernen.
"Was könnt ihr Lisa für Tipps geben", damit sie nicht so leicht ihren Stand verliert, möchte Thomas Harbort von seinen Schülerinnen wissen. Denn im Moment reicht ein kleiner Schubs und Lisa ist kurz davor umzufallen. "Sie muss daran glauben, dass sie fest dasteht und sie keiner umschubsen kann", rät eine Schülerin und lächelt Lisa an. Doch warum ist fester Stand so wichtig? "Sonst kann jeder mit mir machen, was er will", betont eine andere Schülerin. Wichtig ist es daher, sich zu erden.
Mit beiden Beinen stampfen die Schülerinnen fest auf den Boden. "Als hätten wir Wurzeln", ruft ein Mädchen. "In den Bauch einatmen und fest ausatmen." Und auch gähnen ist erlaubt. Am Ende noch die kleinen Finger aufeinanderlegen und zu sich kommen. "Jetzt testen wir mal euren Stand", sagt Thomas Harbort. Vorher noch fast am Umfallen bewegt sich Lisa nun keinen Zentimeter mehr. Und auch in der Klasse bleibt so gut wie jeder auf seinem Platz stehen, bis auf die eine oder andere, die vor lauter Lachen fast umfällt. "Es war viel stabiler", sagt Lisa, "fest am Boden".
Wissen, wer ich bin und was ich will, das können die Schülerinnen mit dieser Übung verinnerlichen, so Harbort. Doch nicht nur ein fester Stand, auch innere Ruhe helfen dabei, glücklicher zu werden. Mit "Asanas", ruhenden Körperstellungen, sollen die Schülerinnen lernen, zu sich zu kommen. Mit Blick Richtung Osten, den Körper hängen lassen, nach oben strecken und ganz bei sich sein.
Aber auch die Frage "Was kann man machen, wenn man nicht weiß: Soll ich es machen oder soll ich es nicht machen?" beschäftige einen oft. "Worauf vertraue ich dann?", will Harbort wissen. Ein Mädchen zeigt auf ihren Bauch. "Ich hab' die Erfahrung gemacht, der lügt mich nie an." Den Verstand könne man gut für Mathe oder die Englisch-Hausaufgabe brauchen, doch das Bauchgefühl helfe meist bei wichtigen Entscheidungen. Mit der Hand vor dem Solarplexus zwischen Brust und Bauch sind die Mädchen überrascht, wie klar sich bei einfachen Fragen das Bauchgefühl zeigt. "Es wird warm", sagt eine Schülerin. "Bei ‚Nein' habe ich nichts gespürt." Wer sich die Reaktion merke, könne sein Bauchgefühl noch besser einschätzen. "Euer Gefühl wird euch niemals anlügen, das ist euer Gefühl", ermutigt Harbort.
"Wie glücklich seid ihr jetzt und hier?"
Was ist Glück? Ist Glück Zufall? Oder kann man Glück lernen? Alles Fragen, mit der sich die Schülerinnen in den Profilstunden beschäftigen. "Kinder sollen das sehen und wahrnehmen, was sie einfach nur vergessen haben." Wieder spüren und lernen, was für sie interessant und wichtig im Leben ist, so Harbort. "Wie man mit Spaß durch Situationen geht und wie durch jene, die nicht so viel Spaß machen." In der Stunde dürfe jeder so sein wie er ist - ganz ohne Bewertung.
Und auch wenn Harbort seinen Schülerinnen gleich zu Beginn des Schuljahres deutlich gemacht hat, dass es keine Garantie dafür gibt, in dieser Stunde das Glück zu finden, scheint es doch so, als würde die eine oder andere Schülerin das Glück mit in die nächste Schulstunde und vielleicht auch mit ins spätere Leben nehmen: "Wie glücklich seid ihr jetzt und hier? Ich möchte eine ehrliche Antwort", will Harbort von seinen Schülerinnen wissen. "Zehn von zehn" rufen einige Schülerinnen und lächeln dabei.
Von Lena Seidenader, Straubinger Tagblatt
Str 2024-06-18