2024 01 17 Eva Haslbeck SR TagblattUrsulinen machen Karriere könnte die Überschrift dieses Beitrags heißen. Stolz habe wir am Mittwoch, 17. Januar 2024 im Straubinger Tagblatt gelesen, dass eine unserer ehemaligen Schülerinnen mit ihrem Gesellenstück den diesjährigen Schreinerwettbewerb gewonnen hat.
Theresa Salmansberger vom Straubinger Tagblatt berichtet über Eva Haslbeck, die, nachdem sie an unserer Realschule den Mittleren Schulabschluss gemacht und in Regensburg das Industriedesign-Studium absolviert hat, einen Kindheitstraum in die Realität umsetzte und Schreinerin wurde.
Ganz wichtig ist Eva auch, allen Mädchen durch ihre Karriere eine Botschaft zu vermitteln: Weder ein Studium noch ein Geschlecht sind ein Hindernis einen Handwerksberuf zu ergreifen. „Es lohnt sich.“

Am 17. Januar 2024 berichtete das Straubinger Tagblatt:

Sie weiß, wie man anpackt

Eva Haselbeck hat sich nach dem Studium für eine Ausbildung zur Schreinerin entschieden.

Mit ihrem „Lottchen“ hat sie nun den jährlichen Schreinerwettbewerb gewonnen

Von Theresa Salmansberger

Nach dem Studium eine Ausbildung beginnen? Das ist nicht der gängigste Weg. Vor allem, wenn man sich für den Schreiner entscheidet. Und eine Frau ist. Nicht selten hat Eva Haselbeck Sätze wie „Das geht nicht“ oder „Das macht man nicht“ gehört. Die 30-jährige Mutter erzählt, warum sie diesen Weg trotzdem sofort wieder einschlagen würde, was ihr an dem Beruf besonders gefällt und wie sie den jährlichen Schreinerwettbewerb für sich entscheiden konnte.

Den Traum vom Beruf Schreiner hatte Haselbeck schon als Kind. Deshalb fiel ihr die Entscheidung nicht schwer, als sie sich im Praxissemester ihres Industriedesign-Studiums in Regensburg auf einen Betrieb festlegen sollte. Sie wollte in eine Schreinerei. Und zwar in die von Michael Krembs. Sein Büro befindet sich in Straubing, die Werkstatt in Haselbach. Sich für eine Möbelwerkstätte zu entscheiden, ist in Haselbecks Studiengang ungewöhnlich. „Die meisten denken, man verbringt die komplette Zeit nur in der Werkstatt“, erzählt sie.

„Jedes Stück erzählt seine eigene Geschichte“

Dabei sieht der Alltag ganz anders aus. Man fertigt Zeichnungen an, bespricht Ideen und Entwürfe im Team und arbeitet letztendlich mit allen vorhandenen Materialien. „Ich war und bin jedenfalls immer im Prozess involviert“, sagt die Parkstettenerin. Und direkt vor Ort statt vor dem Computer zu sein, findet sie sinnvoll. „Die Materialien sind da, man hat sie in der Hand und wird davon inspiriert“, schwärmt sie. „Der Beruf ist in so vielen Varianten kreativ.“ Noch nie hat sie irgendetwas in Serie angefertigt. Jedes Teil ist individuell und auf die Person, die beauftragt, abgestimmt. „Die Kunden miteinzubeziehen, ist wichtig“, weiß die junge Mutter. Manchmal dauert es länger, bis der Käufer zu hundert Prozent mit dem Konzept zufrieden ist. Dann aber das fertige Produkt zu betrachten und die Freude des Kunden zu sehen – „da lohnt sich die Arbeit“, versichert Haselbeck. „Und jedes Stück erzählt seine eigene Geschichte.“

In Michael Krembs Werkstatt sind sie zu dritt, das Arbeiten im kleinen Team bereitet der 30-Jährigen viel Spaß. „Gemeinsam haben wir mehr Kreativität“, hat Krembs festgestellt. Er ist sehr zufrieden mit seinen Mitarbeitern. Doch es könnten gerne mehr sein. „Wir brauchen Leute im Handwerk, die für die Sache brennen“, appelliert er.

Ob Mann oder Frau, das spielt für ihn keine Rolle. Haselbeck hat noch nie Diskriminierung erlebt. „Ich bin in dem Beruf als Frau natürlich in der Unterzahl“, merkt sie an, „und im ersten halben Jahr meiner Ausbildung musste ich mit Vorurteilen aufräumen.“ Doch seit sie beweisen konnte, dass ihr Geschlecht sie nicht weniger kompetent macht, wird sie genauso respektiert wie jeder andere.

Die Arbeit sei definitiv körperlich anstrengend. „Aber ich bin schließlich nie alleine“, weiß die Schreinerin. „Wenn jemand Hilfe braucht, arbeiten wir als Team zusammen und teilen uns die Aufgaben auf.“ Krembs findet, Frauen im Handwerk bringen einige Vorteile mit sich. „Der Umgangston auf der Baustelle ist zum Beispiel angenehmer“, meint der Chef lächelnd.

Im ersten halben Jahr mit Vorurteilen aufgeräumt

Die Ausbildung hat Haselbeck direkt nach ihrem Bachelor angefangen und 2022 abgeschlossen. Wegen ihres Kindes hat sie in Teilzeit gearbeitet, konnte durch das Studium aber verkürzen. Zum Ende der Ausbildung muss jeder angehende Schreiner ein sogenanntes Gesellenstück anfertigen. Bei Haselbeck entstand die Idee für „Lottchen“ – eine Mischung aus Wickelkommode und Kinderkleiderschrank. Der Brief mit dem Thema des diesjährigen Schreinerwettbewerbs „Holz aus Bayern“ flatterte nach der Fertigstellung zur genau richtigen Zeit in die Werkstatt. Denn das Motto war „Flexible Möbel“ aus heimischem Holz – und rein zufällig besteht „Lottchen“ vorwiegend aus Holz und ist äußerst flexibel.

Haselbeck nahm an dem Wettbewerb teil, kam in die Vorauswahl der Jury, später in die engere Auswahl – „und dann hat sie das Ding gerockt“, sagt Krembs mit unübersehbarem Stolz. Gemeinsam mit zwei Mitstreitern sahnt sie den Hauptpreis in Höhe von 1 000 Euro ab.

Entscheidend war für die 30-Jährige bei der Ausarbeitung des Konzepts, dass das Design einen Nutzen hat. „Ich hatte mein Ziel von Anfang an vor Augen“, erzählt sie. Die Ästhetik steht immer an zweiter Stelle. „Mir war klar, was ich haben will, nicht, wie es aussehen soll.“ Es entsteht ein Multifunktionsmöbel. Wird ein Element nicht mehr benötigt, findet es dennoch im Gesamtobjekt seinen funktionalen Platz. „Außerdem sollte es mit den Griffen für Kinder praktisch sein“, war die Idee. Letztendlich sind noch ein paar Spielereien mit eingeflossen, wie das Formvlies. „In Kombination mit Holz sieht das genial aus“, findet Haselbeck. Das scheint die Jury ähnlich gesehen zu haben.

Die Schreinerin möchte alle, in denen ein Talent zum Handwerk schlummert, motivieren, in diesen Beruf hineinzuschnuppern. Weder ein Studium noch das Geschlecht seien ein Hindernis – sie ist der beste Beweis. „Solche Erfahrungen können einen nur weiterbringen“, ermutigt sie. Niemand solle sich von verstaubten Ansichten abschrecken lassen. Denn: „Es lohnt sich.“

Text und Bild: Straubinger Tagblatt (17.01.2024)

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